Dr. Jan Rauch: Das Trainings-Wohlbefinden steigern

Je besser sich ein Sportler im Training fühlt, desto stärker wird seine Wettkampfleistung. Das klingt einleuchtend. Dass man das Wohlbefinden aber mit nur einer einzigen geistigen Übung verbessern kann, das hat uns nach unserer kleinen Studie mit einer Fussballmannschaft selbst beeindruckt.

Zum Thema: Die „drei guten Dinge“ des Trainings – eine positive Intervention im Fussball

Aus der sportpsychologischen Literatur ist bekannt, dass sich das Verhalten eines Coaches im Training auf die Wettkampfleistung von Athleten auswirkt (z.B. Jowett & Poczwardowski, 2007). Dies jedoch nicht direkt – der Effekt wird fast vollständig durch das subjektive Wohlbefinden des Athleten im Training moderiert. Steigt also das Wohlbefinden eines Athleten im Training, steigt die Chance auf eine bessere Wettkampfleistung (z.B. Davis & Jowett, 2014).

Wissenschaftliche Studien legen ausserdem nahe, dass durch positive Interventionen das allgemeine Wohlbefinden gesteigert werden kann – eine gut untersuchte Methode stellt in diesem Kontext die Übung «Drei gute Dinge» dar (z.B. Gander, Proyer, Ruch, & Wyss, 2013).

Nützliche Übung für das Fussballtraining

In einer kleinen eigenen Studie haben wir diese für den „Alltag“ ausgewiesen nützliche Übung im Setting eines Fussballtrainings angewendet. Die Idee dahinter: Sollte anhand der Übung analog der Steigerung des „allgemeinen“ Wohlbefindens eine Steigerung des „Trainings-Wohlbefindens“ erreicht werden, könnte dies, wie in den eingangs erwähnten Studien aufgezeigt, eine sportliche Leistungssteigerung nach sich ziehen.

Die Übung „Three Good Things“ besteht einfach gesagt darin, dass eine Person sich während einer bestimmten Zeitspanne (z.B. 3 Wochen) jeden Tag drei Ereignisse des Tages notiert, welche als besonders gut, schön oder bewegend empfunden wurden. Die Reflexion darüber, weshalb diese drei Dinge als besonders schön empfunden wurden, soll helfen, verfügbare Aufmerksamkeit vermehrt auf diese „schönen Dinge“ zu lenken. Tut man dies über einen bestimmten Zeitraum hinweg kann man mögliche Muster erkennen, um solche als schön empfundenen Situationen in Zukunft öfters bewusst aufzusuchen.

Das „Trainings-Wohlbefinden“ lässt sich steigern

Bei den Spielern der ersten Mannschaft des Fussballclubs Seefeld Zürich (1. Liga Classic – dies entspricht der insgesamt vierthöchsten Schweizer Liga) wurde mittels eines auf Fussballtraining adaptierten Fragebogens zum Wohlbefinden (WHO5; WHO 1998) zunächst das Wohlbefinden im Training erhoben. Anschliessend wurde die Übung „Drei gute Dinge“ drei Wochen lang nach jedem Training durchgeführt, wobei sich diese Dinge ausschliesslich auf das Sporttraining zu beziehen hatten. Nach drei Wochen und insgesamt neun Durchführungen wurde das „Trainings-Wohlbefinden“ erneut erhoben und mit der ersten Messung verglichen.

Die über alle Spieler (N=21) gemittelten Werte im Wohlbefinden stiegen nach der Intervention um knapp 10% auf 76 % (bei einem möglichen maximalen Wohlbefinden von 100%). Eine Verschiebung dieser Grösse deutet gemäss Ware (1995) auf eine signifikante Änderung hin. Der Vorher/Nachher-Mittelwertvergleich zeigte bei einseitiger Testung eine knapp signifikante Steigerung (p =.043). Während bei zwei Spielern die Werte ganz leicht zurückgingen, stiegen sie bei den restlichen Spielern an, in Einzelfällen stiegen sie sogar um bis zu 52 %. Ob sich das gesteigerte Trainings-Wohlbefinden auf die Leistung niederschlug, ist schwierig zu beantworten. Während der Interventionsphase gewann die Mannschaft 3 Punkte aus 3 Spielen, verglichen mit 5 Punkten aus 6 Spielen davor. Die Trainereinschätzung bezüglich Stimmung und Leistung der einzelnen Spieler offenbarte keine augenscheinlichen Veränderungen oder Zusammenhänge mit den individuellen Werten des Wohlbefindens. Die Steigerung des Wertes per se zeigt hingegen, dass die Spieler selbst eine merkliche Veränderung in ihrem Wohlbefinden registriert hatten.

Erstaunliche Steigerung

Die gemessene Steigerung des Wohlbefindens im Training ist insofern erstaunlich, da der Interventionszeitraum von nur drei Wochen nicht mehr als neun Trainings mit entsprechend vielen (oder wenigen) Durchführungen umfasste und die Spieler diese selbständig durchführten. Die Reflexion positiver Erlebnisse eines spezifischen Teils des Tages – in diesem Fall des Trainings – scheint also geeignet, in eben diesem Bereich das Wohlbefinden zu steigern. Inwiefern dies zu grösserem Wettkampferfolg führt, kann aufgrund dieser kleinen Untersuchung nicht abschliessend beantwortet werden, die vorliegenden Ergebnisse scheinen jedoch vielversprechend.

Positivpsychologische Interventionen werden in Beratungen mit Sportlern seit jeher eingesetzt. Systematische Untersuchungen über die Wirkung “klassischer” Übungen aus der Positiven Psychologie, deren Nutzen für Alltag und andere Leistungsbereiche (z.B. Arbeitsplatz) gut dokumentiert ist, sind jedoch spärlich gesät. Um dieses Feld weiter zu untersuchen, laufen momentan weitere Studien mit grösseren Stichproben und Kontrollgruppen bei Mannschaftssportarten (Volleyball; Nationalliga A und B) sowie bei Einzelsportarten (Triathlon), in welchen zusätzlich zum Trainingswohlbefinden der Zusammenhang zur Wettkampfleistung untersucht werden.

 

Hinweis: Weitere interessant Beiträge finden sich im Blog des IAP Instituts für Angewandte Psychologie, einem Angebot der ZAHW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften:

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Literatur

  • Davis, L., & Jowett, S. (2014). Coach-athlete attachment and the quality of the coach-athlete relationship: implications for athlete‘s wellbeing. J Sports Sci., 32(15), 1454-64.
  • Gander, F., Proyer, R., Ruch, W., & Wyss, T. (2013). Strength-Based Positive Interventions: Further Evidence for Their Potential in Enhancing Well-Being and Alleviating Depression. Journal of Happiness Studies, 14, 1241–1259.
  • Jowett, S., Poczwardowski, A. (2007). Understanding the Coach-Athlete Relationship. In Jowett, S., & Lavallee, D. (Hrsg.), Social Psychology in Sport (S. 3-13). United Kingdom: Human Kinetics.
  • Ware, J.E. (1995). The status of health assessment 1994. Annu Rev Public Health, 16, 327-54.
  • WHO Collaborating Center for Mental Health (1998). WHO-5-Wohlbefindens-Index. Psychiatric Research Unit, Frederiksborg General Hospital, DK-3400 Hillerø.

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Jan Rauch
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