Sebastian Reinold: Guter Zeitpunkt für mentales Training?

Wann ist eigentlich der richtige Zeitpunkt, sportpsychologisches Training einzusetzen? Fest steht in jedem Fall, dass das mentale Training planerisch genauso behandelt werden sollte wie die Zyklen des physischen Trainings. Aber Vorsicht: Sportpsychologisches Training ist nicht immer gleich effizient und kann sogar die Leistungsfähigkeit kurzweilig negativ beeinträchtigen.

Zum Thema: Wann sollte sportpsychologisches Training durchgeführt werden?

Mein Kollege Phillippe Müller hatte in seinem Blog-Beitrag “Den Sommer sinnvoll nutzen” schon darüber geschrieben, dass für Biathleten der Sommer der günstige Zeitpunkt für sportpsychologisches Training sei. Für Biathleten ist es der Mangel an Schnee, der den Sommer zum günstigsten Zeitpunkt macht. In anderen Sportarten bestimmt die sonstige Saisonplanung maßgeblich den Zeitpunkt, um intensives sportpsychologisches Training anzusetzen.

Teambuildingmaßnahmen

Optimalerweise beginnt ein Wettkampfzyklus mit der Nachbesprechung des vorherigen Zyklus. Dem folgt die Ausarbeitung von Zielen für die Zukunft. Dieser Zeitpunkt variiert natürlich zwischen den Sportarten. Vor allem bei Teamsportarten, bei denen die Beteiligten inklusive des Trainer- und Betreuerstabs regelmäßig wechseln, sind Teambuildingmaßnahmen empfehlenswert. Diese finden optimalerweise dann statt, wenn wirklich alle dabei sind. Ansonsten müssen Gedanken darauf verwendet werden, wie die späten Neuen (siehe Blog-Beitrag von Philippe Müller: Die späten Neuen) noch integriert werden.

Teambuildingmaßnahmen finden aber auch in reinen Trainingsgemeinschaften statt. Denn ein positives Trainingsklima kann sich auch hier positiv auf die Leistungsentwicklung auswirken. Dies gilt also für leistungsorientierte Individual- genauso wie für Freizeitsportler.

Sport. Runner

Saisonvorbereitung

Mit Beginn der Saisonvorbereitung kann an individuellen sportpsychologischen Fertigkeiten gearbeitet werden, z.B. bei den ersten Schritten des Mentalen Trainings, bei denen die Bewegung gedanklich neu aufgebrochen wird.

Grundlegend kommt es In der Saisonvorbereitung auf die Vermittlungskompetenz des Sportpsychologen und die Lernbereitschaft des Athleten an. Die Zusammenarbeit kann deshalb auf Wunsch zeitlich sehr intensiv sein.

Saisonbeginn bis Saisonhöhepunkt

Der Saisonbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem die neuen individuellen Fertigkeiten ausgetestet werden können. Hier zeigt sich, wie der Athlet diese unter realen Wettkampfbedingungen einsetzen kann. Sportpsychologe und Athlet treffen hier weniger häufig aufeinander, da hier vor allem der Athlet selbstständig an sich arbeiten soll.

Spitzenathleten sind in der Wettkampfphase, vor allem zum Saisonhöhepunkt hin, stark körperlich und psychisch belastet. Sie müssen hier ihre volle Konzentration auf den Sport legen, um Bestleistungen abrufen zu können. Ein sportpsychologisches Training an dieser Stelle zu starten, kann den Athleten aus seiner Konzentration heraushauen, da es selbst sehr anspruchsvoll sein kann. Vergleichbar störend wäre das sportpsychologische Training zu diesem Zeitpunkt mit privaten Ereignissen, wie einer Trennung vom Partner oder Krankheit eines nahen Angehörigen. Deswegen nutzt der sogenannte Feuerwehrmann (siehe Blog-Beitrag von Prof. Dr. Oliver Stoll: Brasiliens Feuerwehr) an dieser Stelle auch nichts.

Betreuer anstatt Lehrer

Wenn das Training planmäßig verläuft, sind die Athleten in der Lage, ihr physisches Potential mit Hilfe ihrer Psyche voll auszuschöpfen. Wichtig werden hier Konzentration und ein funktionales Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung. Bestenfalls besteht jetzt Klarheit über die eigenen Stärken und Ziele. Ein Hinterfragen dieser würde sich sehr negativ auswirken.

Der Sportpsychologe ist an dieser Stelle vor allem Betreuer anstatt Lehrer. Beobachtet werden vor allem die Feinanpassung der Psyche und die Stabilität des Belastungs-Erholungs-Gefüges.

Think long term!

Bei der Vorbereitung besonders talentierter Athleten auf die Olympischen Spiele, also einem Periodisierungszeitraum von mehreren Jahren, sollte frühzeitig, also nicht erst im Jahr der Spiele, an den Basisfertigkeiten wie Visualisierung, Entspannungsfähigkeit oder Zielsetzung gearbeitet werden, damit diese auf komplexere Themen z.B. die Emotionskontrolle besser vorbereitet sind. Den Athleten muss dazu klar gemacht werden, wozu diese Basisfähigkeiten später dienen sollen, so dass diese tollen Methoden nicht schon in einem frühen Stadium als Wischi-Waschi-Zeugs abgestempelt werden und somit nicht mehr mit voller Motivation erlernt werden. Viele Spitzenverbände setzen glücklicherweise schon auf Rahmenkonzepte in der sportpsychologischen Bildung.

 

 

 

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Mathias Liebing
Mathias Liebinghttps://www.torial.com/mathias.liebing
Redaktionsleiter bei Die Sportpsychologen und freier Journalist Leipzig Deutschland +49 (0)170 9615287 E-Mail-Anfrage an m.liebing@die-sportpsychologen.de