Crowdfunding liegt im Trend. Mittlerweile gibt es sogar eigene Plattformen für Sportprojekte wie das Stuttgarter Start-Up Fairplaid. Vereine, Teams und Einzelsportler suchen im Netz nach Unterstützern, die dabei helfen, ganz individuelle Träume wahr werden zu lassen. Diese Analyse zeigt, dass der Crowdfunding-Mechanismus auch eine sportpsychologische Wirkung entfalten kann.
Zum Thema: Die Macht der sozialen Unterstützung
Dass soziale Unterstützung stresspuffernd wirkt, ist kein Geheimnis (siehe hierzu auch die Arbeiten von Prof. Ralf Schwarzer in den 1990er Jahren). Diese Arbeiten betreffen jedoch lediglich die direkt wahrgenommene oder erfahrene soziale Unterstützung durch Eltern, Geschwister, aber auch Trainer oder Mannschaftskameraden. Damals gab es zwar schon das Internet, auch wenn es da noch in den Kinderschuhen steckte, aber es gab noch kein Konzept, um über die digitale Welt effektiv Geld für diverse – ja, meist sinnvolle – Zwecke zu sammeln. Crowdfunding heißt hier das „Zauberwort“. Die Idee, ebenso einfach wie genial. Ein Mensch, eine Gruppe, eine Mannschaft oder ein Unternehmen hat eine „gute Idee“. Um diese Idee umzusetzen, braucht es finanzielle Unterstützung. Lange und aufwendige Anträge, z.B. an Banken zu schreiben, um einen Kredit zu bekommen, ist zeitaufwendig und organisatorisch sehr fordernd. Also bemüht man z.B. die sozialen Medien, um auf dieses Projekt aufmerksam zu machen. So geschehen, wie z.B. aktuell die U19-Damen-Nationalmannschaft der jungen Randsportart Floorball, die für eine WM-Teilnahme im Mai 2016 nach Kanada reisen muss. Der Verband – Floorball Deutschland – ist zwar Mitglied im DOSB und könnte rein theoretisch auf Antragsbasis hier fördern, allerdings erfolgte der Beitritt erst Ende 2014. Dummerweise erfolgen die Haushaltsplanungen des DOSB immer im olympischen Vier-Jahres-Rhythmus, d.h. Floorball Deutschland geht auch dieses Jahr (noch) leer aus.
Was also tun? Simon Brechbühler, der Trainer und „Macher“ der Damen-Auswahlbereichs in den vergangenen Jahren, hatte die Idee, ein Crowdfunding-Projekt ins Leben zu rufen, dass gerade läuft. Für einen Betrag „X“ bekommt man so etwas wie ein „symbolisches Geschenk“ des Teams – Armbänder, Autogrammkarten, Persönliche Videobotschaften für den „kleinen Geldbeutel“ oder aber man kauft seinen Namenszug auf das Trikot der Mannschaft, oder kauft sich das Team für ein Freundschaftsspiel oder man kauft sich direkt ins Team ein und ist während der WM Assistent und steht direkt bei den Mädels und dem Trainer an der Bande. Sei es wie es sei – informieren Sie sich einfach, vielleicht überzeugt sie das Vorhaben der jungen Damen. (Direkt zur Crowfundingkampagne)
Sportpsychologische Konsequenzen
Was aber sind die psychologischen Konsequenzen eines solchen Projekts? Auch wenn es hierzu, meines Wissens, noch keine systematische Forschung gibt, so erscheint für mich einiges plausibel:
Wenn direkte, wahrgenommene oder erfahrene, soziale Unterstützung stresspuffernd wirkt, dann sollte dies mit einem solchen Projekt auch ein Ergebnis sein. Die Mädels wissen, dass sich, um sie herum, ein soziales Netzwerk entwickelt, dass sich um die finanzielle Absicherung des Projekts kümmert. Damit haben sie den Kopf frei für Training und unmittelbare Wettkampfvorbereitung. Dies erzeugt eine Bewertung der zunehmenden „subjektiven Kontrollierbarkeit“ in diesem Vorhaben.
Die Mädels nehmen wahr, dass sich Menschen für sie und ihr Projekt interessieren. Dies wiederum hat zur Folge, dass ihr Selbstvertrauen und ihre sportspezifische Selbstwirksamkeit steigt. Es ist kein Geheimnis, dass genau dieser Effekt leistungssteigernd wirken kann.
Das Team präsentiert sich und ihr Ziel in der Öffentlichkeit. Damit gehen die Mädels eine „nach außen gerichtete Verpflichtung ein“. In der Geschäftswelt sind Verträge die Grundlage für jeden „Austausch“ von Werten. Nichts Anderes ist diese Verpflichtung des Crowdfunding Projekts. Diese Spielerinnen wird vor Ort alles geben, um ihr persönliches und ihr Team-Ziel zu erreichen, um es dann auch gerne wieder in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es ist ja bereits in die Öffentlichkeit hineingetragen worden – und keiner blamiert sich gern.
Der Mannschaftszusammenhalt wird steigen. Dieses Projekt schweißt die Truppe zusammen, denn jeder weiß um das gemeinsame Ziel, dass es zu erreichen gilt.
Die Floorball-Juniorinnen brauchen bis Ende Februar noch Unterstützung, um ihren Wunsch, nach Kanada fliegen zu dürfen, umzusetzen. Ganz nebenbei liefern die Amateurspielerinnen, die den Großteil der Kosten aus eigener Tasche zahlen, ein schönes Beispiel, dass Crowfunding-Initiativen auch auf sportpsychologischer Ebene wertvoll sein können.
Hinweis: Prof. Dr. Oliver Stoll war zwischen 2009 und 2014 Präsident von Floorball Deutschland und führte den jungen Verband in den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).
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Crowdfunding ist und bleibt eine tolle Chance für die unterschiedlichsten Bereichen, die genutzt werden sollte.