Eiskunstlaufen ist eine derjenigen Sportarten, die schon sehr früh professionell betrieben werden müssen – die kindliche Entwicklung passt da oft nicht in den gedrängten Saisonplan. Um Jahre später eine erfolgreiche SpitzenathletIn werden zu können, bedarf es eines psychologisch geschickten Trainingsumfeldes. Die Förderung und der Aufbau von Selbstvertrauen sind darum oberstes Ziel. Aber wie machen wir das im Trainingsalltag? Die 9-jährige Valeria Ackermann konnte ihren ersten und persönlich sehr bedeutungsvollen Erfolg feiern und träumt von Art on Ice und Weltmeisterschaften.
Zum Thema: Gibt es ein Erfolgsrezept für das Selbstvertrauen?
Wer mehr Selbstvertrauen hat, wird öfters Erfolge erleben … wer Erfolge kennt, hat mehr Selbstvertrauen … wir kennen alle diese alte Geschichten, die eigentlich in der Frage gipfeln, ob zuerst das Huhn oder doch das Ei da war? Eine Antwort darauf brauchen wir aber nicht, denn aus den Büchern wissen wir, dass ein gesundes Selbstvertrauen vor allem auch ein positives Selbstbild benötigt. Natürlich sind auch weitere Faktoren daran beteiligt, so all die mentalen Voraussetzungen, Techniken und Tools, die AthletInnen erlernen und einsetzen. Aber auch die eigene Persönlichkeit sowie die Einflüsse von Aussen und auch frühere Erfahrungen und Erlebnisse wirken sich höchst bedeutsam aus.
Valeria Ackermann ist seit fünf Jahren leidenschaftliche Eiskunstläuferin. Was zuerst Hobbysport war, entwickelte sich schnell zu intensivem Training auf und neben dem Eis. Sie trainiert im Kader des Winterthurer Schlittschuhclub rund acht Stunden pro Woche und fährt gerne an Wettkämpfe und Meisterschaften. Sie selber hat in Trainingslagern erste Erfahrungen mit sportpsychologischen Themen machen dürfen und dabei verschiedene mentale Strategien erlernt, die ihr in schwierigen Situationen helfen, ruhig und fokussiert zu bleiben und an ihre Stärken zu glauben. Genauso wichtig wie die persönliche Arbeit von Valeria an ihrer mentalen Stärke ist ein Umfeld, welches leistungsfördernd unterstützt und funktioniert.
Das Verhalten von Trainern und Familie ist von großer Bedeutung
Seit Anfang an galt für Trainern und Familie darum: Jeder kleinste Erfolg zählt, denn das gibt Valeria Kraft, Mut und Energie zum Weitermachen. Also wurden ihr, ähnlich wie bei der Methode Marte Meo (Bünder et al., 2015), immer wieder positive Videosequenzen aller Art gezeigt: Aus eigenen Trainings, Tests, Wettkämpfen aber auch von ihren Vorbildern Sarah Meier, Carolina Kostner und Stéphane Lambiel. Dadurch konnte sie ein positives Selbstbild aufbauen und sie lernte automatisch die korrekten Bewegungsabläufe mit.
Weiter hat Valeria von ihrer Trainerin und ihrem Umfeld über die Jahre hinweg konsequent immer wieder unterstützendes und wohlwollendes, aber auch kritisch-konstruktives Feedback erhalten. Vor allem ist die Kommunikation auf dem Eis jeweils auf die technischen Details fokussiert und Fehler werden auf die Bewegung und nicht auf Valeria als ganze Person bezogen. Bereits vorhandenes Selbstvertrauen kann dadurch aufrechterhalten werden. Ganz nach dem Selbstwirksamkeitsmodell von Bandura (1977) ist die verbale Ermutigung einer der vier zentralen Ansatzpunkte, um die Selbstwirksamkeit zu steigern. Menschen, mit denen unterstützend und positiv gesprochen wird und denen andere zutrauen, herausfordernde Situationen zu meistern, strengen sich eher an und sie glauben vermehrt an ihre Fähigkeiten.
Instabiler Selbstwert bei Kindern und Jugendlichen
Kinder und Jugendliche haben entwicklungspsychologisch betrachtet noch keinen stabilen Selbstwert. Sie sind darum sehr abhängig von den Voten der Aussenwelt, vor allem von direkten Bezugspersonen wie Eltern, Lehrern oder Trainern etc. Das macht sie sehr angreifbar oder einfach formuliert: Mit Worten können Erwachsenen viel Selbstvertrauen zerstören oder erst gar nicht aufkeimen lassen. Darum gilt bei allen Kindern und Jugendlichen das Gebot: Anspornen und Loben ist immer besser als das Gegenteil.
“Der Erfolg verleiht Flügel” – dies ist nicht nur ein bekannter Werbespruch, dahinter versteckt sich viel Wahres. Denn was beflügelt mehr als das Gewinnen eines Wettkampfes? So durfte Valeria Ackermann Ende 2015 ihren ersten persönlichen Erfolg feiern und wurde in ihrer Kategorie Kantonalmeisterin. Objektiv gesehen sicherlich ein toller Moment, subjektiv betrachtet für die 9-jährige aber das Grösste in ihrem Leben überhaupt. Sie trug ihre Medaille mit viel Stolz die ganze Woche über unter dem T-Shirt und erzählte allen von ihrem Erfolg, erntete immer viele Komplimente, positives Feedback und Bewunderung. Sich an vergangene Erfolge zu erinnern und zu erfreuen, stärkt das Selbstvertrauen ungemein. „Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann, so ist es der Glaube an die eigene Kraft.“ (Marie von Ebner-Eschenbach). Dieser Glaube an das eigene Können setzt voraus, in der Vergangenheit Herausforderungen angenommen und erfolgreich bewältigt zu haben. Dabei war für Valeria zentral zu erfahren, durch ihr eigenes Handeln wirksam zu sein. Diese Erfahrung war im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert.
Kommunikationsregel: Erfolge vor Fehlern
Wenn Sie als Trainer also positiv verstärkend arbeiten, dann machen Sie schon vieles richtig. So sollten AtheltInnen ihre Fortschritte als persönliche Erfolgserlebnisse vermittelt bekommen. Oft werden aber eben solche Erfolgsschritte wenig thematisiert, Fehler hingegen immer wieder besprochen. Das wirkt wie eine Waage, die andauernd aus dem Gleichgewicht gerät, da die negative Seite schwerer wiegt als die positive. Erhalten AthletInnen aber auch regelmässig Rückmeldungen auf Gelungenes, die ihnen das Gefühl geben, Trainer und Umfeld trauen ihnen etwas zu, dann werden sie Vertrauen in ihre eigenen Fähig- und Fertigkeiten entwickeln. „Die AtheltInnen erleben dadurch Selbstwirksamkeit, die sie in die Lage versetzt, selbstständig hart zu trainieren und Verantwortung zu übernehmen. Das macht sie stärker und steigert ihr Selbstwertgefühl (…). (Haas, 2011, S.13).
Info: Cristina Baldasarre (zum Profil) ist die Mutter der Eiskunstläuferin Valeria Ackermann und begleitet ihre Tochter auch sportpsychologisch.
Literatur
Bandura, A. (1977). Self-Efficacy: Toward a Unifying Theory of Behavioral Change. Psychological Review, 1977, 84 (2), S. 191-215.
Bünder, P., Sirringhaus-Bünder, A. & Helfer, A. (2015). Lehrbuch der MarteMeo-Methode (4. Aufl.). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Bund, A. (2003). Kinder stark machen – Selbstvertrauen fördern. In: Sportpraxis, Heft 4.
Haas, P. (2011). Paradigmenwechsel im Sportunterricht. DSLV-Info Nr.1.
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