Träumt nicht jeder junger Sportler einmal davon, in ausverkauften Hallen und Stadien zu spielen? Doch der Weg an die Spitze ist geprägt von zahlreichen Herausforderungen, die es zu meistern gilt, erfordert eisernen Willen und oftmals auch das Quäntchen Glück. Verletzungen, schulische und berufliche Ausbildung sind nur ein paar Beispiele, die für Sportler und deren Eltern von Bedeutung sind. Auch für den Fall, dass die Nachwuchssportler das gesteckte Ziel nicht erreichen, sollten sie trotzdem auf eine Zeit zurückblicken können, die Spaß gemacht hat und die – auch für das spätere Leben – viele positive Erfahrungen vermittelt hat. Dabei nehmen die Elternteile des jungen Sportlers in der (persönlichen und sportlichen) Entwicklung ihres Kindes eine zentrale Rolle ein. Es geht um den Anspruch, sein Kind richtig zu beraten und Fehler zu vermeiden.
Zum Thema: Die Rolle von Eltern, deren Kinder im Leistungssport verankert sind.
Viele Eltern sind dabei erstmals mit einem für sie neuen Umfeld konfrontiert, denn der (Nachwuchs-)Sport ist ein sehr vielfältiger und komplexer Bereich, der weit über Tore schießen, Punkte erzielen oder das Aufstellen einer neuen Bestmarke hinausgeht. Eine (beratende) Begleitung der Kinder durch die Eltern wird oftmals dann schwierig, wenn grundlegendes Wissen nicht vorhanden und wegen der Breite des Spektrums auch sehr schwer erfassbar ist. Weil es in erster Linie nicht um den Leistungssport, sondern vielmehr um die positive Entwicklung des Kindes gehen sollte, wäre es wesentlich, dass die Kinder Spaß am Sport haben. Diesen sollte man ihnen nicht – etwa durch übermäßigen Druck – nehmen. Wenn das Kind mit großem Spaß bei der Sache ist und Leidenschaft für die gewählte Sportart entwickelt, kann sich der Weg zum Leistungssport ergeben, aber erzwingen lässt er sich nicht.
Die sportliche Karriereentwicklung als interaktiver Prozess
Mit dem Beginn einer sportlichen Aktivität wird ein dynamischer Prozess in Gang gesetzt, der in hohem Maße von unterschiedlichen Sozialisationspartnern beeinflusst wird, welche die Entwicklung des Nachwuchssportlers im Rahmen des Systems Sport wesentlich mitbestimmen. Insbesondere dann, wenn sich eine leistungssportliche Karriereentwicklung abzeichnet, gewinnen die Verhaltensmuster der an der Karriere beteiligten Personengruppen an Bedeutung. Allen voran die Eltern können aktiv dazu beitragen, dass sich die Kinder in und mit ihrem Sport wohlfühlen und weiterentwickeln. An dieser Stelle sei betont, dass noch weitere Personengruppen wie Freundeskreis, Lehrer usw. die Entwicklung mit beeinflussen, nur wird sich im Folgenden auf die Eltern-Kind-Beziehung beschränkt.
Psychologisches Verlaufsmodell der sportlichen Karriere
Ein zentrales Modell, welches die psychischen Anforderungen bei der sportlichen Karriereentwicklung in den Vordergrund rücken, ist das von SAMELA. Es basiert auf den Arbeiten von BLOOM, der einzelne Studien über die Karriereentwicklung von 120 hochtalentierten Amerikanern/-innen aus den Bereichen Sport, Wissenschaft und Kunst zusammenführte. Diese Personengruppe galt als herausragend auf ihrem Fachgebiet gegenüber Gleichaltrigen und können als Beispiel herangezogen werden, für das erfolgreiche Durchlaufen der verschiedenen Karrierestufen. Befragt wurden die jungen Talente selbst, als auch jene Personen, denen im Rahmen der Entwicklung ein hohes Maß an Einfluss zugeschrieben wird. Dazu zählen die Eltern als zentrale Personen im familiären Netzwerk, als auch Mentoren, Betreuer und Ansprechpartner im jeweiligen Fachgebiet. SAMELA stellte fest, dass zwar jede Disziplin ihrer eigenen zeitlichen Struktur folgt, jedoch es unübersehbare Parallelen in der Entwicklung gibt. Im Allgemeinen lassen sich drei Phasen unterscheiden:
- die Phase des Beginns,
- die Phase der Entwicklung und
- die Phase der Meisterschaft.
SABOROWSKI und WÜRTH haben diese Karrierephasen mit den klassischen Konzepten der sportlichen Karriereentwicklung aus trainingswissenschaftlicher Sicht in Verbindung gebracht. Im Weiteren wird sich auf die Phase der Entwicklung beschränkt und beschrieben.
Phase der Entwicklung
In dieser Phase hat das Kind bereits eine Bindung zu seinem Sport aufgebaut, Wettbewerbe rücken zunehmend in den Vordergrund und die leistungssportliche Karriere und Professionalisierung der sportlichen Tätigkeit werden forciert, z.B. auch von Seiten des Vereins oder des Trainers.
Hier zeichnen sich Eltern dadurch aus, dass sie das Potential ihres Kindes erkennen und realistisch einschätzen lernen. Eine Förderung der sportlichen Karriere des Kindes wird in dieser Phase oft notwendig und auch oft von den Kindern explizit gewünscht. Abbildung 1 bildet die komplexe Wechselbeziehung zwischen Eltern und Kindern in dieser Phase ab. Im Vergleich zu Phase des Beginns kristallisiert sich die verstärkte Wettbewerbsorientierung heraus. Eltern werden nun von ihren Kindern auch als wichtige Ratgeber gesehen, die sie nicht nur finanziell und emotional unterstützen. Vor allem Väter gelten in dieser Phase als erwünschte Mentoren, die Tipps zum Training geben können und die jetzt auch direktives Verhalten zeigen dürfen. Letzteres äußert sich zum Beispiel darin, dass sie ihre Kinder an Trainingszeiten erinnern, sie aktiv und durchaus mit sanftem Druck auch dann zum Training bewegen, wenn die Kinder eigentlich keine Lust dazu verspüren. Auch Mütter liefern einen wesentlichen Beitrag, dass der Leistungssport in das Familienleben integriert wird, indem sie etwa den Familienalltag so strukturieren, dass der Sport Platz hat, z.B. durch die Anpassung von Essenszeiten. Insgesamt sorgen die Mütter in dieser Phase vor allem für den emotionalen Rückhalt, während die Väter als sportbezogene Ratgeber und Förderer auftreten.
Fazit:
Auch wenn in den Medien gelegentlich Fälle von ¨Tennis-Vätern¨ oder „Eiskunstlauf-Müttern¨ diskutiert werden, sei an dieser Stelle festgehalten, dass die meisten Eltern sehr vernünftig und vorausschauend auf die sportliche Entwicklung ihrer Kinder achten. Väter und Mütter bemühen sich in der Regel, alles „richtig zu machen¨ – und so manche unerwünschte Entwicklung in der Eltern-Kind-Beziehung lässt sich eher auf die Unkenntnis der zugrundeliegenden Wirkmechanismen denn auf die ¨Böswilligkeit¨ von Kind oder Elternteil zurückführen. Sollte die Eltern-Kind-Beziehung weniger idealtypisch ausgeprägt sein, also der junge Sportler weniger Unterstützung von Mutter und Vater erfahren als nötig, sind Sportpsychologen auch in der Lage, über Eltern-Coachings effektiv Einfluss zu nehmen.
Literatur:
Brabant, M./Brandner, C./Urink, S. (2011). Mein Kind im Sport. Linde Verlag: Wien.
Saborowski, C. (2002). Der sportliche Karriereverlauf von Kindern und Jugendlichen unter besonderer Berücksichtigung der Einflusses der Trainerinnen und Trainer. Eine Längsschnittstudie von 1997-2000 in Sachsen. Unveröffentlichte Dissertation, Universität Leipzig.
Samela, J. H. (1994). Phases and transitions across sports careeres. In D. Hackforth (E.d), Psycho-social issues and interventions in elite sports (pp. 11-28). Frankfurt: Lang.
Würth, S. (2001). Die Rolle der Eltern im sportlichen Entwicklungsprozess von Kindern und Jugendlichen. Lengerich: Pabst Science Publisher.
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