Prof. Dr. Oliver Stoll: Kopfsache Bewegung

Alle Jahre wieder! Na ja, eigentlich alle vier Jahre wieder setzt sich eine Kommission des internationalen Schwimmverbandes FINA aus dem Bereich Wasserspringen zusammen und beschließt die „neuen“ Regularien, wie bestimmte Elemente aus dem Sprungrepertoire zu bewerten sind. Insbesondere die Schwierigkeitsgrade werden von Zeit zu Zeit neu definiert. Mal sind es eher die Salti, die „mehr wert sind“, in den nächsten vier Jahren könnten es die Schrauben sein, die einen höheren Schwierigkeitsgrad zugesprochen bekommen. Abgestimmt auf den olympischen Zyklus verändert die FINA damit Trainingsschwerpunkte, Ausbildung und Wettkampf.

Zum Thema:  Mentales Training beim Bewegungslernen

Damit stellen die Wertungsrichter die Athleten immer mal wieder vor neue „Herausforderungen“. Natürlich wollen die Athleten die Sprünge zeigen die auch die höheren Schwierigkeitsgrade bekommen können, denn das sichert bessere Platzierungen. Hier bekommt dann neben dem sportlichen Training auch das sportpsychologische Training eine immer wieder neue Bedeutsamkeit. Das sogenannte „Mentale Training“ im engeren Sinne (oder auch Bewegungsvorstellungstraining) spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, eine vorhandene Bewegung zu stabilisieren, oder eine neue Bewegung zu erlernen. Hier kennen wir im Prinzip zwei verschiedene Varianten.

1.) Das sogenannte „Verdeckte Wahrnehmungstraining“: Bei dieser Trainingsform stellen sich die Athleten den Sprung so vor, als ob sie „Zuschauer auf der Tribüne sind“, die den Athleten bei Ausführung des Sprunges beobachten.

2.) Das sogenannte „Ideomotorische Training”: Bei dieser Variante stellen sich die Athleten die Bewegungsausführung aus der sogenannten „Innenperspektive“ vor. Hier spielen neben der reinen visuellen Vorstellung, auch weitere, sinnliche Wahrnehmungen eine zentrale Rolle (Akustik, Haptik und auch der Gleichgewichtssinn, der die Orientierung im Raum mit beeinflusst). Diese Form des Trainings wird auch als die „Höchstform“ des Mentalen Trainings bezeichnet, weil solche Antizipationsleistungen höchst komplex und somit auch schwer zu erlernen sind. In der Vergangenheit wurde für diese Form des Mentalen Trainings auch immer ein  grundsätzlich entspannter Zustand als notwendig erachtet. Dies hat sich mittlerweile geändert.

Mental trainiert wird im Wasserspringen eher im Sinne von „Imitationsübungen“ am Beckenrand, also an dem Ort, in der Nähe der Sportgeräte und in der Umgebung, in der dieser Sprung dann später auch realisiert werden soll. Es ist auch noch nicht klar, welche Form des Bewegungsvorstellungstrainings effektiver ist. Zurzeit wird im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts in Kooperation mit der Fachsparte Wasserspringen des Deutschen Schwimmverbandes diese Fragestellung näher untersucht.

 

Quellen:

Stoll, O., Pithan, J., Blazek, I.  (2013). Forschungsprojekt: “Mentales Training durch Videounterstützung im Wasserspringen –  Wirkmechanismen und Intervention“ – Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Projekt-Nummer:  071002/13-14.

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Prof. Dr. Oliver Stoll
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