Christian Hoverath: Ran an die Quellen des Selbstvertrauens!

Selbstbewusstsein lässt sich definieren als der Glaube in sich selbst, ein erwünschtes Verhalten erfolgreich ausführen zu können. Es wird durch das jeweilige Umfeld sowie soziokulturelle Faktoren beeinflusst. So haben positive Kommentare von Trainingspartnern oder dem Trainer ohne Zweifel einen positiven Einfluss auf das Selbstvertrauen eines Sportlers, während fehlendes oder gar negatives Feedback das Selbstvertrauen herabsetzen oder untergraben kann. Was müssen Trainer also wissen, um ihre Sportler mit voller Zuversicht in den nächsten Wettkampf, eine wichtige Trainingsphase oder in die kommende Saison zu schicken?

Zum Thema: Wie Trainer die Selbstwirksamkeit ihrer Athleten fördern können

Einen Ansatzpunkt bieten Studien, wie sie von Nelson und Furst bereits 1972 durchgeführt wurden. Sie ließen Probanden im Armdrücken gegeneinander antreten. Bevor die Duelle ausgetragen wurden, maßen sie die Armkraft und teilten dann stärkere Personen deutlich schwächeren zu. Beiden wurde allerdings mitgeteilt, dass die schwächere Person die stärkeren Testwerte erzielt hätte. Erstaunlicherweise gewannen die objektiv schwächeren Personen mehr als 80% der Duelle. Somit sollten auch Trainer ihren Athleten in gesundem Maße Stärke zusprechen und somit deren Erwartungen an ihre Leistung positiv beeinflussen. Wer meinen Text „Selbstvertrauen aufbauen“ noch nicht gelesen hat, kann hier noch einmal tiefer einsteigen: http://www.die-sportpsychologen.de/2018/01/18/christian-hoverath-selbstvertrauen-aufbauen/

Christian Hoverath: Selbstvertrauen aufbauen

Halten wir aber an dieser Stelle auf Basis von Banduras Theorie der Selbstwirksamkeit (1977, 1986, 1997) fest: Selbstwirksamkeit bedeutet, dass jemand die Überzeugung besitzt, dass seine Fähigkeiten ausreichen, um eine Handlung erfolgreich durchzuführen und lässt sich somit als situative Form des Selbstvertrauens sehen.

Quellen der Selbstwirksamkeit

Wie wichtig das situative Selbstvertrauen nicht nur in Wettkampfsituationen ist, haben wir alle schon erlebt. Bedienen wir uns nun also der Theorie der Selbstwirksamkeit, um die sechs Quellen ausfindig zu machen und daraus optimales Trainerverhalten abzuleiten:

Leistungen vergangener Wettkämpfe sind die stärkste Quelle. Gute Ergebnisse fördern die Selbstwirksamkeit, was in der Folge die Leistung in weiteren Wettkämpfen verbessert. Trainer können ihre Sportler fördern, indem sie sie durch schwierige Übungen führen, die in der folgenden Auswertung positiv bestärkt werden und somit an der Selbstwirksamkeit ansetzen. Auch veränderte Rahmenbedingungen im Training (wie eine verkleinerte Wechselzone) können subjektive Erfolge bewirken. Zudem sollten Trainer ihren Athleten Tabellen oder Aufzeichnungen über Leistungsfortschritte bereitstellen und somit ihre Fortschritte deutlich machen. Tipp: Stellen Sie Ihren Sportler_Innen doch die Entwicklung ihrer 10km-Bestzeiten grafisch aufbereitet zur Verfügung.

Stellvertretende Erfahrungen helfen, neue Skills zu lernen. Insbesondere Sportler, die keine Erfahrung mit bestimmten Übungen haben und bei der Bewertung ihrer Leistung auf andere angewiesen sind, können hier profitieren. Dieser Prozess ist vierstufig zu sehen:

– Aufmerksamkeit,
– Speicherung im Gedächtnis,
– motorische Reproduktion,
– Motivation.

Sportler müssen ihre volle Aufmerksamkeit dem Modell widmen. Gute Trainer helfen auf einige wenige Schlüsselstellen zu konzentrieren, demonstrieren einige Male und lassen ihre Sportler genau wissen, worauf sie achten sollen. Diese Züge sollten dann im Gedächtnis behalten und bearbeitet werden, wozu sich insbesondere mentale Trainingstechniken und Visualisierungsübungen eignen, sowie die verbale Wiederholung der Schlüsselstellen. Um die muskulären Handlungen im motorischen Gedächtnis zu speichern, ist es zudem wichtig, die Übung selbst durchzuführen. So kann der Schwimmer die Rollwende theoretisch aus dem FF beherrschen. Wenn er jedoch nicht weiß, an welcher Stelle er sie bei seiner Physiognomie einleiten sollte, wird er sie nicht perfektionieren können. Für den Trainer ist es wichtig, die Techniken zu optimieren, die auf die Übung hinlaufen und die notwendige Trainingszeit bereitzustellen. Motivation als finaler Aspekt beeinflusst die genannten Punkte. Trainer sollten positiv bestärken, auf Fortschritte hinwiesen und positive Kommunikation vermitteln.

Verbale Überzeugung wie „Du bist ein guter Läufer. Bleib dran, dann wirst du den Erfolg auch im Triathlon abrufen können“, kann ebenso effektiv sein wie der Hinweis an einen erkälteten Athleten, „Ruh dich aus und werde nicht verrückt. Die Tage machen nichts aus.“ Diese Art der Gesprächsführung kann dazu beitragen, Selbstwirksamkeit zu fördern (Weinberg, Gould & Jackson, 1979). Als Trainer können Sie auf negative Gespräche und Kommentare des Athleten achten und diese relativieren sowie ihre Athleten unterstützen, sie positiv umzuformulieren. Dazu können die Gedanken als rote Gedanken aufgeschrieben und als grüne Gedanken neu formuliert werden.

Visualisierungen sind ein probates Mittel. Der Schlüssel für den Selbstwert ist es, sich erfolgreich in zukünftigen Situationen des Trainings oder des Wettkampfs zu versetzen. Als Trainer können Sie unterstützen, indem Sie Zeit für das mentale Training einräumen und beispielsweise den Wechsel im Koppeltraining mental durchlaufen lassen oder dem Athleten Zeit geben, Erfolge zu visualisieren.

Physische Erregung kann von Sportlern als Nervosität wahrgenommen werden oder auch als Zeichen dafür, bereit für die kommende Situation zu sein. Wie zu erwarten, weisen die Sportler, die physische Erregung als positives Zeichen wahrnehmen, höhere Selbstwirksamkeit auf. Diese Wahrnehmung lässt sich glücklicherweise trainieren. Sie können dem Sportler helfen, indem Sie ihn darauf hinweisen, dass Erregung dazugehört, normal ist und all ihren Athleten widerfährt.

Ähnlich verhält es sich mit emotionalen Zuständen. Sportler, die sich als müde und energielos wahrnehmen, werden sich auch nicht als wirksam erleben, wohingegen Sportler, die sich wach und energiegeladen fühlen, eine Steigerung ihrer Selbstwirksamkeit erreichen. Emotionsregulation lässt sich lernen und kann dann leicht über Atementspannungs- oder Aktivierungsübungen der gewünschte Zustand erreicht werden.

Wie sehen Sportler ihre Trainer und wie sollten Trainer ihre Rolle untermauern?

Natürlich ist es auch wichtig darauf zu schauen, welche Aspekte Sportler nennen, die ihre Trainer als besonders wirksam wahrnehmen. Eine Übersicht bieten Boardley, Kavussanu und Ring (2008):

• Die Trainer können ihre Athleten motivieren, sich zu verausgaben und sie zu größerer Leistung anspornen. Wichtig ist es jedoch gleichzeitig, den Fokus auf den Spaß am Sport zu setzen und die gesammelten Erfahrungen ins Gedächtnis zu rufen.

• Als wirksam erlebte Trainer helfen den Sportlern sich technisch weiterzuentwickeln. Sie haben die Technik im Blick und sind an Verbesserung interessiert.

• Persönlichkeitsentwicklung wird ebenfalls von den Athleten genannt. Dabei ist prosoziales Verhalten für die Sportler besonders wichtig.

Und wie sieht das ideale Trainerbild aus? Trainer, die sich als wirksam erleben, besitzen eine hohe emotionale Intelligenz und verfügen über Strategien, um ihre Emotionen zu kontrollieren – es lohnt sich also doppelt Zeit in das Erlernen von Emotionsregulation zu investieren. Auch für einen Trainer können Atementspannungsübungen oder Achtsamkeitsübungen einen wichtigen Entwicklungsschritt bedeuten.

Fazit

Haben Sie also einen Sportler an der Hand, der Probleme mit dem Selbstvertrauen hat, dann sind Ihnen beim Lesen des Textes wahrscheinlich Ideen in den Sinn gekommen, die sie ausprobieren möchten. Erinnern Sie Ihren Sportler an vergangene Erfolge, lassen Sie ihn diese mit möglichst vielen Sinnen nachspüren. Zeigen Sie ihm seine Entwicklung auf und ermutigen Sie ihn, dass Durststrecken normal sind. Es ist schwer, wenn man sich in einer solchen Situation befindet. Irgendwann enden sie jedoch alle.

Wenn Sie sich als Sportler ein anderes Verhalten von Ihrem Trainer wünschen, dann ist dies vielleicht ein geeigneter Zeitpunkt, Ihre Wünsche mit ihm zu besprechen. Nehmen Sie diesen Text und gehen Sie auf ihn zu.

Wenn weitergehende Expertise gefragt ist: Kontaktieren Sie uns, wir helfen gern! Hier geht es zum Profil von Triathlon-Experte Christian Hoverath und seinen Kollegen und Kolleginnen von Die Sportpsychologen aus Deutschland, Österrecih und der Schweiz:

Nach Sportarten

Literatur:

Bandura, A. (1977). Self-efficacy: Toward a Unifying Theory of Behavioral Change. Psychological Review, 84 (7), 191-215.

Bandura, A. (1986). Social foundations of thought and action: A social cognitive theory. Englewood Cliffs, NJ: Prentice–Hall.

Bandura, A. (1997). Self-efficacy: The Exercise of Control. New York: Freeman.

Boardley, I., Kavussanu, M. & Ring, C. (2008). Athletes’ perceptions of coaching effectiveness and athlete-related outcomes in rugby-union: An investigation based on the coaching efficacy model. The Sport Psychologist, 22, 269-287.

Nelson, L. & Furst, M. (1972). An objective study of the effects of expectation on competitive performance. Journal of Psychology, 81, 69-72.

Weinberg, R.S., Gould, D. & Jackson, A. (1979). Expectancies and performance: An empirical test of Bandura’s self-efficacy theory. Journal of Sport Psychology, 1, 320-331.

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Christian Hoverath
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