„Was ist denn heute wieder mit mir los!?“ – Sportler kennen Selbstgespräche. Sie können demotivieren, Selbstzweifel sähen und die Motivation zerstören. Wir führen ständig Selbstgespräche. Jederzeit, wenn wir an etwas denken, reden wir sozusagen mit uns. Diese Gedanken und Gespräche können eine potentielle Störquelle sein. Glücklicherweise können wir sie jedoch auch positiv nutzen: sie können helfen, schlechte Gewohnheiten zu unterbrechen, eine Handlung zu starten, Anstrengungen aufrecht zu erhalten, eigene Fertigkeiten zu verbessern, Anspannungen zu regulieren und sie unterstützen die mentale Vorbereitung. Sie können auch ein Weg sein, um mit Ablenkung umzugehen.
Zum Thema: Erfolgreich mit Selbstgesprächen arbeiten
Grundsätzlich lassen sich Selbstgespräche in drei Kategorien einteilen. Positive Selbstgespräche dienen dazu, Energien, Anstrengungen und positive Einstellung zu verbessern, tragen aber keine Handlungsanweisungen in sich (Beispiele sind „Ich habe so eine Situation schon mal gemeistert“ und „Ich habe die Kraft und Ausdauer durchzuhalten!“). Instruktionen hingegen helfen dem Sportler, den Fokus auf technischen oder aufgabenrelevanten Aspekten zu halten, um die Leistung zu verbessern („Zieh den Arm durch“ oder „Beuge die Knie“). Instruktionen können zudem helfen, wenn Feedback von außen nicht möglich ist, weil der Trainer beispielsweise nicht überall an der Strecke stehen kann. Im Lernprozess neuer Techniken sind instruktionale Selbstgespräche äußerst hilfreich, wenn es keine Unterstützung von außen gibt. Negative Selbstgespräche sind kritisch und erniedrigend. Sie stören beim Erreichen der Ziele und tragen Ängste hervor oder schüren Selbstzweifel (Conroy und Metzler, 2004).
Versuchen Sie nicht, Gedanken zu vertreiben oder zu verhindern. Insbesondere dann nämlich vergrößert sich deren Auftretenswahrscheinlichkeit (Ironische Prozesse, z.B. Janelle, 1999). Dies liegt daran, dass diese Gedanken zuerst beachtet werden müssen, sie so im Fokus stehen und dies ihr Auftreten noch wahrscheinlicher macht. Vermeiden Sie also Ansagen wie „Verpass den Anschluss nicht“, „Wechsel nicht wieder so langsam“ oder „Mach den Helm in der Wechselzone nicht zu früh auf“. Insbesondere unter Druck passiert diese Art von Gespräch leider sehr schnell. Auch bei technischer Durchführung sollten Sie das Negativ vermeiden („Setz nicht mit der Ferse auf“, „zieh den Arm nicht zu früh aus dem Wasser“, „Wenn die Gruppe geht, warte nicht zu lang“) und an einer positiven Formulierung arbeiten.
Fokus auf das, was Sie wollen
Verdrängung ist keine günstige Strategie, da sich dahinter ein aktiver Prozess verbirgt. Aufgrund der benötigten kognitiven Prozesse steht in der Folge weniger Raum für positive Gedanken zur Verfügung. Im Umkehrschluss lassen motivationale Selbstgespräche und Instruktionen keinen Raum für negative Selbstgespräche und störende Gedanken, so dass diese unterdrückt werden.
Take home: Fokussieren Sie auf das, was Sie wollen, und nicht auf das, was Sie nicht wollen.
Veränderung macht etwas Arbeit
In einer Studie von 2009 fanden Hardy, Roberts und Hardy, dass Athleten, die ihre Selbstgespräche in einem Tagebuch aufzeichneten, ein Bewusstsein für den Inhalt ihrer negativen Selbstgespräche sowie die Folgen entwickelten. Dieses Bewusstsein wiederum ist nützlich, um an den Selbstgesprächen zu arbeiten und sie zu verändern.
Take home: Schreiben Sie Ihre Selbstgespräche von Zeit zu Zeit nieder, um Sie sich selbst zu verdeutlichen und um an ihnen arbeiten zu können.
Über Metaphern zur Verhaltensänderung
Hain & Stambulova (2002) fanden, dass positive Selbstgespräche von Athleten sehr häufig mit Metaphern besetzt waren („Schnell wie ein Gepard“, „bullenstark“) und diese Metaphern, wenn sie von den Athlet_innen selbst gebildet wurden, starke Effekte auf Verhaltensänderung und die Leistung hatten.
Take home: Finden Sie für sich stimmige Metaphern, die Sie motivieren.
Gedankenstopp
Zwei der konsistent erfolgreichen Strategien sind der Gedankenstopp und die Veränderung negativer in positive Selbstgespräche.
Um den Gedankenstopp zu nutzen, wird ein unerwünschter Gedanke beim Auftreten mittels eines Schlüsselwortes oder eines Triggers unterbrochen. Was dabei der effektivste Schlüssel ist, ist von Person zu Person verschieden. Es kann ein Fingerschnipsen sein, ein leichter Schlag auf den Oberschenkel oder auch ein Schlüsselwort. Zu Beginn sollte der Gedankenstopp im Training eingeübt werden. Sagen Sie in Verbindung mit Ihrem Trigger laut „Stopp“ (oder ihr selbstgewähltes Schlüsselwort), sobald negative Gedanken einsetzen und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf einen aufgabenrelevanten Teil. Sobald Sie dabei ein gutes Gefühl haben, versuchen Sie leise „Stopp“ zu sich zu sagen.
Positive Selbstgespräche
Eine Veränderung negativer in positive Gedanken hilft, die Motivation auszurichten und Aufmerksamkeit positiv zu beeinflussen. Listen Sie zuerst alle negativen Gedanken auf, die Ihre Leistung beeinträchtigen oder unerwünschtes Verhalten hervorrufen. Wichtig ist es, Situationen zu identifizieren, in denen negative Gedanken verstärkt auftreten. Im nächsten Schritt formen Sie diese Gedanken in positive Selbstgespräche um. Diese können die negativen Gedanken ersetzen oder Sie können ihnen entgegengesetzt werden. Da negative Gedanken häufig unter Stress auftreten, versuchen Sie bei Auftreten eines negativen Gedankens zunächst einen tiefen Atemzug zu nehmen. Entspannen Sie mit dem Ausatmen und wiederholen Ihr positives Statement. Auch diese Technik sollten Sie im Training einsetzen, bevor Sie sie im Wettkampf nutzen.
Natürlich ist es aus psychologischer Sicht wichtig, sich mit wiederkehrenden negativen Gedanken zu beschäftigen und diese zu be- und verarbeiten. Die vorgestellten Techniken sollen in Situationen unterstützen, in denen eine Verarbeitung störend und nicht sinnvoll ist.
Kulturelle Unterschiede
Eine kleine Randnotiz noch, falls Sie mit Sportlern verschiedener Kulturen zusammenarbeiten (Peters & Williams, 2006): Asiaten nutzen häufiger negative Selbstgespräche als Europäer. Während negative Selbstgespräche bei Europäern mit Leistungseinbußen verbunden sind, so steigern sie die Leistung bei Asiaten. Dies liegt wahrscheinlich darin begründet, dass in kollektivistischen Kulturen weniger negative Konsequenzen bei Selbstkritik zu befürchten sind.
Literatur
Conry, D. & Metzler, J. (2004). Patterns of self-talk associated with different forms of competitive anxiety. Journal of Sport and Exercise Psychology, 26, 69 – 89.
Hanin, Y. & Stambulova, N. (2002). Metaphoric description of performance states: an application of the IZOF model. The Sport Psychologist 16 (4), 396 – 415.
Hardy, J., Roberts, R. & Hardy, L. (2009). Awareness and motivation to change negative self-talk. The Sport Psychologist 23 (4), 435 – 450.
Janelle, C.M. (1999). Ironic mental processes in sport: Implications for sports psychologist. The Sport Psychologist 13 (2), 201 – 220.
Peters, H. & Williams, J. (2004). Moving Cultural Background to the Foreground: An Investigation of Self-Talk, Performance, and Persistence Following Feedback. Journal of Applied Sport Psychology 18 (3), 240 – 254.
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