Im Word Wide Web finden Sie alle möglichen Anbieter im Bereich des Mentaltrainings oder dem Personal-Coaching im Sport. Da geht es vom „Über glühende Kohlen oder Glasscherben laufen“ bis hin zum „Handauflegen für bessere Leistungserbringung“. Manche Anbieter versprechen sogar „Leisten unter Druck lernen in zwei Stunden“ oder „Nie wieder verlieren durch Hypnose“.
Zum Thema: Von „Gurus“, „Heilsbringern“ und „Meistern“ in der Welt des Sport-Mentaltrainings
Der nun folgende Blogbeitrag soll meine schon vorangegangenen Beiträge “Was tun Sportpsychologen eigentlich?” sowie „Was wir kosten“ ergänzen und diese kleine Serie vorläufig abschließen.
Prof. Dr. Oliver Stoll: Was tun Sportpsychologen eigentlich?
In unserer Gesellschaft, und hier gerade im relativ unregulierten Berufsgebiet des Wettkampf- und Breitensports ist der „Psychomarkt“ ständig im Wachsen begriffen. Nirgends ist aber das Angebot so undurchsichtig, unkontrolliert und die Qualität so wenig überprüft, wie im Bereich des „Mentaltrainings“ oder der Sportpsychologie. Von vollmundigen Versprechen in Richtung „Selbstoptimierung im und durch Sport“, „Sportliche Leistungsoptimierung im Handumdrehen“ oder „Goldmedaille allein durch Mentales Training“ profitieren meistens mehr die Anbieter als die Hilfesuchenden. Dabei werden teilweise seriöse, psychologische Ansätze zunehmend mit religiösen, spirituellen oder esoterischen Inhalten kombiniert, so dass manche Angebote mehr den Charakter einer „Heilslehre“ (bis hin zum Sektentum) annehmen. Einige Hinweise, wie solche kritischen Hinweise zu erkennen sind, finden Sie bei Kanfer & Schmelzer (2001).
Im Sinne der von die-sportpsychologen angestrebten Übersetzung von Fachwissen in die Prasis habe ich Ihnen einige Kriterien notiert. Bei folgenden Aspekten sollten Sie also sehr vorsichtig werden:
1.) Wird mit einfachen Antworten auf komplexe Leistungsfragen geworben?
2.) Wird so getan, als könnte das Angebot menschliche Sehnsüchte erreichbar machen (wie z.B. Vollkommenheit in der Leistungserbringung, höhere Bewusstseinszustände, Befreiung von allen Fesseln in der Leistungserbringung)?
3.) Werden notwendige Informationen verweigert, geraten Sie durch Forderungen in Zugzwang (sofortige Entscheidung!) oder werden Sie mit Schuldgefühlen unter Druck gesetzt?
4.) Kommen „überirdische“, magische, geheimnisvolle Kräfte ins Spiel, die am Werk sein sollen, damit sie leistungsfähiger werden?
5.) Wird diesen „Energien“ auch die Verantwortung über Erfolg und Misserfolg des sportpsychologischen Trainings gegeben?
6.) Wird Leistungsversagen als „böse“ und „ausschließlich selbstverschuldet“ hingestellt?
7.) Tritt der Mentaltrainer als Guru, Führer oder Meister auf, der sich im Besitz leistungssteigernder Kräfte wähnt?
8.), Tritt der Mentaltrainer oder Sportpsychologe (ohne Belege) mit exklusivem Anspruch auf bzw. denunziert er alle anderen Trainingsverfahren?
Und 9.) Wird blindes Vertrauen, absoluter Gehorsam, keinerlei Widerspruch, vorbehaltlose Durchführung aller Anweisungen und umfassende Lebenskontrolle verlangt?
Expertenlisten helfen
Sollten Sie diese Fragen bezogen auf einen gewählten „Trainer“ mit Ja beantworten, sollten Sie auf alle Fälle über sich und ihre Situation vor einer sportpsychologischen Betreuung oder einem Mentaltraining nachdenken. Dadurch können Sie Ihre persönliche Entscheidung etwas leichter sowohl nach gefühlsmäßigen als auch vernünftig-logischen Maßstäben treffen, wie es mündige Sportler tun. Um keine einsamen Entscheidungen treffen zu müssen, ziehen Sie ruhig Personen ihres Vertrauens mit zu Rate. Am günstigsten ist es, sich vor Beginn bei möglichst unterschiedlichen Quellen über die in Frage kommenden Sportpsychologen der Region zu informieren. Eine Auflistung verschiedener, qualitätsgesicherter Anbieter finden Sie auf dem Kontaktportal des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (www.bisp-sportpsychologie.de). Darüber hinaus sind natürlich alle bei die-sportpsychologen.de und die-sportpsychologen.ch gelisteten Profilinhaber seriös arbeitenden Experten im Bereich Mentaltraining und sportpsychologische Betreuung.
Unterstreichen möchte ich an dieser Stelle, dass nicht alle Mentaltrainer schlecht sind. Mir geht es lediglich um die Wahrung definierter Qualitätsstandards, was außerhalb des geschützten Feldes der Sportpsychologie deutlich schwerer fällt. Umso interessanter finde ich eine Offerte meiner Kollegin Cristina Baldasarre von die-sportpsychologen.ch, die im Jahr 2017 einige Weiterbildungskurse für Mentaltrainer anbietet:
Zum Text inklusive Angebot:
http://die-sportpsychologen.ch/2016/12/16/cristina-baldasarre-supervision-fuer-mentaltrainer/
Literatur:
Kanfer, K.H. & Schmelzer, D. (2001). Wegweiser Verhaltenstherapie. Berlin: Springer
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