Sie neigt sich dem Ende, die Trail-Lauf-Saison. Die großen Rennen – zumindest in Deutschland – sind Geschichte und die Aktiven widmen sich dem, was z.B. die Triathleten die „Off-Season“ nennen. Oder anders ausgedrückt: „Mal zuhause bleiben und die Füße hochlegen“. Obwohl in Trail-Runner-Kreisen so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz zu herrschen scheint, welches sich mit dem Satz: „There is no Off-Season“ schön zusammenfassen lässt. Stellen wir also die Frage: Sind sie denn nun wie andere Athleten, oder sind sie anders, diejenigen, die in Ultradistanzen oder mehreren Etappen durch das Mittel- und Hochgebirge rennen?
Zum Thema: Was Lauf-Motive über Trail-Runner verraten
Nun, dieser Frage sind wir wissenschaftlich betrachtet nicht im Detail nachgegangen, wohl aber der Frage, inwieweit sich der Trail-Runner vom „Otto-Normal-Verbraucher“, also dem nicht laufenden „Norm-Bürger“ in Deutschland bezogen auf einige ausgewählte Persönlichkeitseigenschaften unterscheidet. Die Grundlage dafür bildete ein Datensatz, den wir schon vor gut einem Jahr, im Rahmen der „Salomon-4-Trail“ erhoben hatten. Dazu sind auf die-sportpsychologen.de bereits folgende Texte erschienen:
Prof. Dr. Oliver Stoll und Christin Janouch: Das psychologische Profil eines Trail-Runners
Wir befragten damals insgesamt 36 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Salomon-4-Trails (einem Vier-Etappen-Rennens über 160km und ca. 8.000 Höhenmeter) mit standardisierten, psychologischen Fragebogenverfahren bezüglich ihrer Lauf-Motive, aber eben auch bezüglich ihrer Persönlichkeit sowie ihrer Tendenz zum „Sensation-Seeking“. In unserer ersten Analyse fanden wir heraus, dass das Naturmotiv das dominante Laufmotiv schlechthin ist. In unserer zweiten Analyse dieses Datensatzes berechneten wir, ob sich unsere befragten Athletinnen und Athleten in den Persönlichkeitseigenschaften Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit sowie Neurozitismus und in den „Sensation-Seeking-Dimensionen“: „Suche nach dem Thrill und Abenteuer“ (also einer Tendenz, sportliche Aktivitäten zu betreiben, die durch Gefahr, Geschwindigkeit und Risiko gekennzeichnet sind), „Enthemmung“ (also einer Tendenz sozial und sexuell enthemmtes Verhalten zu zeigen), „Besondere Erfahrungen suchen“ (also einer Tendenz besondere Erfahrungen durch mitunter unangepassten Lebensstil und Reisen zu sammeln) sowie „Langeweile Anfälligkeit“ (also der Tendenz einer Abneigung und wiederstrebenden Verhalten bezüglich Routinen und Wiederholungen).
Trailläufer scheinen “anders” zu sein
Im Ergebnis stellt sich heraus, dass die befragten Trail-Läufer statistisch signifikant höherer Ausprägungen in der Persönlichkeitsdimension „Offenheit für neue Erfahrungen“ (im Vergleich zur Normalbevölkerung) aufweisen (siehe auch Abbildung 1 und Tabelle 7) – und tendenziell niedrigere Ausprägungen in der Dimension „Neurozitismus“ sowie leicht höhere Ausprägungen im Bereich der „Extraversion“ und darüber hinaus, dass sie ebenfalls statistisch abgesichert, eine höhere Tendenz zum Aufsuchen, besonderer Erfahrungen durch mitunter unangepassten Lebensstil und Reisen aufweisen als die Normstichprobe (Abbildung 2). Zusammengefasst sind diese Ergebnisse auch in der Master-Thesis von Zängler (2016) zu finden.
Halten wir fest: Sie sind dann wohl doch anders, die Trail-Runner im Vergleich zum Normstichproben-Nichtläufer. Sie sind offener für neue Erfahrungen, tendenziell emotional stabiler aber eben auch höher ausgeprägt in Bereichen des Aufsuchens risikoreicher, sportlicher Aktivitäten. Diese eher kleine Stichprobe erlaubt natürlich keine Verallgemeinerung dieser Befunde, könnten aber weiter die Neugierde sportpsychologischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befördern.
Material
Literatur
Zängler, J. (2016). Sensation Seeking und Trailrunning. Master-Thesis. Universität Leipzig: Institut für Psychologie.
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